15 Apr
2011

Über Geld spricht man nicht – stimmt das?

von Dr. Sandra Flämig: Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass sie über die Höhe ihres Verdienstes nicht sprechen dürfen. Dass das praktisch das am besten gehütete Betriebsgeheimnis sei. Dem ist jedoch nicht so, wie das LAG Mecklenburg-Vorpommern an 21.10.2009 (2 Sa 183/09) entschieden hat.

Ein Arbeitnehmer hatte folgende Klausel in seinem Arbeitsvertrag:

„Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die Höhe der Bezüge vertraulich zu behandeln, im Interesse des Arbeitsfriedens auch gegenüber anderen Firmenangehörigen.“

Der Arbeitnehmer hatte dagegen verstoßen und einem Kollegen seinen Nettolohn mitgeteilt. Daraufhin bekam er eine Abmahnung. Er gewann sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht.

Das LAG hatte entschieden, dass die Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam ist und der Arbeitnehmer somit nicht gegen vertragliche Pflichten verstoßen haben kann. Auch in diesem Fall musste man wieder die AGB-Kontrolle durchführen, da der Arbeitsvertrag wie Allgemeine Geschäftsbedingungen behandelt wird. AGB´s dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen. Da sich der Arbeitgeber bei der Lohngestaltung an den Gleichbehandlungsgrundsatz halten muss, muss er dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit geben, zu prüfen, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten wird. Das kann er aber nur, wenn er Kollegen nach deren Lohnhöhe fragen kann und gleichzeitig seine eigene Lohnhöhe preisgeben darf. Des Weiteren, so das LAG Mecklenburg-Vorpommern, ist die Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) durch die Klausel betroffen. Hielte sich der Arbeitnehmer nämlich an das Verschwiegenheitsgebot, könnte die Gewerkschaft die Lohnhöhe und somit die Lohnstruktur nicht erfahren. Sinnvolle Arbeitskämpfe seien so nicht möglich.

Es ließen sich auch noch andere Argumente gegen die Klausel anführen: Etwa, dass sie schon deshalb zu weit gehe, weil ja der Arbeitnehmer ggü. Behörden, wie dem Finanz- oder Arbeitsamt oder dem Steuerberater, der privaten Krankenversicherung, die Höhe des Lohnes mitteilen muss.

Zwei Dinge werden anhand des Urteils deutlich:

Zum einen, dass sich der Arbeitgeber bei der Lohngestaltung an den Gleichbehandlungsgrundsatz halten muss. Er darf also nicht einzelne zu einer Gruppe gehörende Arbeitnehmer anders behandeln als den Rest der Gruppe.

Zum anderen, dass man beim Plaudern übers Gehalt zumindest keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen fürchten muss.
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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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